Im Nachhinein denkt man immer, hier war die große Künstlerszene, aber ne, die kam ganz mühsam Anfang / Mitte der Siebziger nur punktuell, und die großen Kölner Namen sind Zugewanderte. Etwa Michael Buthe kam aus Höxter, aber jeder verbindet ihn mit Köln, weil er die große Ausstellung im Kunstverein, von Ingrid Oppenheim gesponsert, durchführen konnte, denkt man, das ist doch ein Ur-Kölner Künstler.
Dass die Videokunst zum Steckenpferd von Wulf Herzogenrath wurde, ist einem Zufall zu verdanken. Das Folkwang Museum, an dem der Kunsthistoriker nach der Promotion arbeitete, erhielt 1971 ein Videostudio als Geschenk. Als Experte des Bauhaus, das die Einheit von Kunst und Technik propagiert hatte, war Herzogenrath der Mann der Stunde. Seine Auseinandersetzung mit dem Medium führten ihn schnell zu Gerry Schum und dessen Fernsehgalerie. Als Herzogenrath 1973 mit 28 Jahren zum bis dato jüngsten Direktor des Kölnischen Kunstverein ernannt wurde, beeinflusste sein Interesse am elektronischen Bild sogleich die Planungen für die heute legendäre Ausstellung ‚Projekt 74’. Neben Videoinstallationen von Nam June Paik, Peter Campus und Dan Graham wurden dort Bänder von 95 Künstlern aus USA und Europa gezeigt. Während der Ausstellung entstanden in Köln außerdem eigene künstlerische Videos, etwa von Vito Acconci und Ulrike Rosenbach. Der Katalog in Form von Videos zeigte Ausschnitte dieser Produktionen.
Das Interesse an dem noch jungen Medium seitens Presse, Publikum und sogar der Kollegen war jedoch verhalten. In seiner 16-jährigen Amtszeit beim Kölnischen Kunstverein blieb Video ein Fokus des gebürtigen Brandenburgers. Ein Anliegen war es ihm auch, mit dem Kunstverein der wachsenden Kommerzialisierung von Kunst in Köln einen Gegenpol zu schaffen. So bot er etwa zahlreichen jungen Künstlern aus dem Rheinland erstmals eine Plattform und initiierte die Offenen Ateliers. 1980 gründete er die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine.
Das Gespräch wurde am 22.11.2017 geführt.