Lutz Mommartz

New York kam nach hierher, das war praktisch, so musste ich nicht nach New York gehen. Der Film war damals für die Bildenden Künstler ein Eifersuchtsthema. Die wollten auch. Ich bin mit Uecker einmal nach Knokke gefahren, da sagte der, ‚du hast es gut, du kannst nicht stehen bleiben.’ Es stimmte: Ich durfte nicht stehen bleiben.

Lutz Mommartz zog 1937 als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Düsseldorf. Schon früh kam er mit der Kunstszene der 1950er Jahre rund um Fluxus und die Galerie Wilhelm in Düsseldorf in Kontakt. Lutz Mommartz hat keine Kunst studiert. Er trat mit 17 Jahren eine Beamtenlaufbahn bei der Stadtverwaltung an. 1963 reiste er nach Uganda und fing eher zufällig an, mit einer 8-mm Kamera zu experimentieren. Er nahm alles auf, was für Afrika nicht typisch ist. Er filmte ein Tischtuch, das formatfüllend auf einer Leine hing. Nur wenn der Wind einen Zipfel frei wehte, konnte man für Sekundenbruchteile die Landschaft sehen. Das war die Initialzündung für den Filmemacher. Sie führte 1967 zu dem ebenfalls formatfüllenden 3:4  Zugfenster mit Blick auf eine eintönige Landschaft mit  Ackerfurchen bis zum Horizont im Rhythmus der Schienenstöße und als Filmschleife in der Wahrnehmung endlich gleich unendlich: Eisenbahn, ein Schlüsselfilm. Ab 1964 drehte er „Bewusstseinsspiele“ im Bekanntenkreis. Darin konfrontierte sich seine Gruppe dem imaginären Zuschauer, damals eine richtige Herausforderung für die Macher und die Zuschauer. In seiner Wohnung versammelten sich und reflektierten die Freunde ihre Rolle in der Gesellschaft. Die Kunstszene wurde aufmerksam. Seine filmischen Experimente liefen regelmäßig im großen Filmforum bei Klaus Jäger auf der Prinz-Georg-Straße und im legendären Lokal Creamcheese, das er mit Günther Uecker und Freunden im Altstadtlokal der Eheleute Reinert gegründet hatte.

1967 drehte er vier Filme und wurde mit ihnen zum Filmfestival in Knokke eingeladen, damals das wichtigste Ereignis für die experimentelle Filmszene. Mommartz gewann mit dem Film „Selbstschüsse“ den zweiten Platz und war danach „international bekannt.

Die Bekanntschaft mit Joseph Beuys führte 1969 zum Film Soziale Plastik. Beuys sagt darin kein einziges Wort, er blickt nur in die Kamera. Es ging um Demonstration, einen anderen Beuys zu zeigen als den, den man damals aus der Akademie kannte. Vorher in „400 Meter IFF“ spricht er zum Publikum über seine Rolle als Künstler.

1975 engagierte Mommartz sich für die Gründung einer Klasse für Filmkunst an der Kunstakademie in Düsseldorf und gründete  daraufhin als Dozent und dann als Professor für Film an der Kunstakademie Münster eine Filmklasse. Alle Filme stellt Lutz Mommartz kostenlos auf seiner Internetseite zum Download zur Verfügung.

Das Gespräch wurde am 22.1.19 geführt.



[ssba]