Ich will doch eigentlich die Leute auf der Straße erreichen, wie man so schön sagt. Was bietet sich Besseres an als das Plakat, um zu testen, ob das, was ich da mache, wahrgenommen wird. Ich hatte eine ganze Mappe gemacht mit Dürer-Motiven. Das wichtigste war die Dürer-Mutter und ich überlegte, wie wäre das eigentlich, wenn man dazu schreibt: Würden Sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?!
Die Dürer-Plakate waren noch keine Kunstaktion, nur ein Test, mit dem Klaus Staeck 1971 sehen wollte, wie er möglichst viele Menschen mit seinen Botschaften erreichen konnte. Deshalb blieb er als Urheber anonym.
Die Öffentlichkeit wurde Staecks Plattform. Ob in Form von Plakaten oder Postkarten. Dabei nahm er kein Blatt vor den Mund. Wegen seiner politischen Plakate war er in 41 juristische Verfahren verwickelt, in denen er sich mit dem Chemiekonzern Hoechst genauso anlegte wie mit dem Grünen Punkt. Oft genug war Staeck pleite und musste seine Künstlerfreunde bitten, für ihn Editionen zu produzieren. So entstand auch die Edition Staeck, die inzwischen legendäre Editionen wie die Kartoffelmaschine von Sigmar Polke herausgab.
Klaus Staeck wirkte eigentlich von Heidelberg aus, wo noch heute sein Verlagssitz ist. Doch ab 1967 nahm er auch engagiert an den Kunstentwicklungen in Köln und Düsseldorf teil. Er lernte Joseph Beuys kennen, mit dem er von 1968 bis zu dessen Tod – trotz einiger Uneinigkeiten – zusammenarbeitete; er stellte auf dem Neumarkt der Künste aus oder verkaufte seine Postkarten in Köln. Aber er lud auch die rheinländische Kunstszene rund um Wolf Vostell und Lidl nach Heidelberg zur „Intermedia“ 1969 ein. Wie so oft im Leben verschuldete er sich, als Christo das dortige Amerikahaus verhüllte oder Zinkbadewannen für Beuys hergestellt werden mussten. Keiner wollte sie kaufen, obwohl sie nur 1100 DM kostete, erzählt Staeck.
Das politische Engagement von Klaus Staeck hängt auch mit seiner Biografie zusammen. Geboren wurde der Grafikdesigner, Karikaturist und Jurist am 28. Februar 1938 in Pulsnitz. Er wuchs in der Nähe von Bitterfeld auf. Trotz einer glücklichen Schulzeit, reiste er nach dem Abitur 1956 in den Westen aus, nachdem man ihn zwingen wollte, in der DDR eine Mauerlehre zu absolvieren. Doch in Deutschland angekommen, arbeitete er in Karlsruhe erstmal für neun Monate auf dem Bau. Das war die Bedingung, um Architektur zu studieren. Doch das Vorhaben verwarf er schließlich und studierte Jura. Schon 1965 gründete er seine erste Edition Tangente im Produzentenverlag. Er arbeitete mit Künstlern wie Panamarenko, Nam June Paik, Wolf Vostell, Daniel Spoerri und vor allem mit Polke und Beuys zusammen. Er nahm drei Mal an der documenta in Kassel teil. Parallel dazu arbeitete er als Dozent an den Kunstakademien in Düsseldorf und Kassel.
Das Gespräch wurde am 26.11.18 geführt.