Benjamin Buchloh

Düsseldorf und Köln waren unheimlich wichtige Zentren. Sie konnten beim Schmela oder beim Zwirner eine Tuttle-Ausstellung machen, da wurde was verkauft. Das wurde in New York nicht verkauft. Sie konnten Nauman oder Sol Lewitt oder Carl Andre beim Konrad Fischer in Düsseldorf sehen, da wurde in New York noch keine Andre-Arbeit angefasst. Der Konrad hat den Carl Andre als ersten gezeigt und den Sol Lewitt, da wurde das in New York noch nicht beachtet, schon gar nicht von Sammlern. Das ist schon interessant, dass es hier so eine Präzision in der Wahrnehmung gab. Trotzdem muss man nicht sagen, wir sind jetzt wie New York, das finde ich albern.

Als Schüler bekniet der 1941 in Köln geborene Benjamin Buchloh seine Mutter um 600 DM für eine Cy Twomby Zeichnung, die er in der Galerie Zwirner gesehen hat. Der junge Buchloh besucht Fluxus Veranstaltungen und schaut sich die documenta 2, 3, 4 an. Während des Studiums der Germanistik in Berlin verliert er dann vorübergehend das Interesse an der Gegenwartskunst. Sein Engagement gilt der Studentenbewegung und er beginnt zu schreiben. 1971 kehrt er nach Köln zurück und lernt Fritz Heubach kennen. Mit dem Psychologen und Verleger der Avantgarde Kunstzeitschrift „Interfunktionen“ geht beides, der politische Diskurs und die Rückbesinnung auf das, was in der aktuellen Kunst geschieht.
Für die „Gang“ aus Buchloh, Heubach, dem Ethnologen Michael Oppitz, den Buchloh noch aus der Schule kennt, und dem Künstler Lothar Baumgarten ist Marcel Broodthaers Adler Ausstellung in Düsseldorf ein gleichermaßen richtungsweisendes Ereignis. In der Folge entsteht eine intensive Freundschaften mit Broodthaers.
Auch die politischen Arbeiten von Jörg Immendorff faszinieren Buchloh. Gemeinsam mit dem Künstler erarbeitet er 1973 dessen erste umfangreiche Monografie. Dass Immendorffs Frau Chris Reinecke als treibende Kraft der Lidl Aktionen eine ebenfalls radikale künstlerische Position ist, nimmt Buchloh zunächst nicht wahr.
Ab 1974 übernimmt Buchloh von Heubach die Herausgabe der „Interfunktionen“. Nach zwei Ausgaben geht Buchloh allerdings das Geld aus, die Finanzierung der nächsten Ausgabe kommt aufgrund eines Streits um die Bewertung einer Arbeit von Anselm Kiefer nicht mehr zustande, das Heft wird schließlich eingestellt.
Von 1972 bis 1975 arbeitet Buchloh in der Galerie Zwirner, reist für die Galerie nach New York und organisiert Ausstellungen von Gerhard Richter, Richard Tuttle, Dan Graham und Marcel Broodthaers. Mit Sammlern kann er aber nicht umgehen und versteckt sich auf der Toilette, wenn Peter Ludwig in der Galerie vorbei schaut.
Die Achse Köln New York in dieser Zeit hält er für eine Kölner Fiktion, die Verbindung ist aus seiner Erfahrung heraus eher einseitig von Köln ausgegangen.
1976 wird Benjamin Buchloh als Nachfolger von Kasper König Gastprofessor am Nova Scotia College of Art and Design in Halifax und Herausgeber der Press of the Nova Scotia College of Art and Design.
Heute lehrt Buchloh Kunstgeschichte an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts.

Das Gespräch wurde am 20.6.2018 geführt.



[ssba]