Jürgen Becker

„Felder“ war in Köln entstanden, in einer Umgebung, in der die Bildende Kunst und die Musik einen umgaben. Für mich war das, was in der Bildenden Kunst passierte die visuelle Entsprechung, in der Musik war das Geräusch die akustische Begleitmusik zu dem, was ich machte.

Herkömmliche Gedichte kann Jürgen Becker 1960 nicht schreiben. Der 1932 geborene Schriftsteller hat zu dieser Zeit bereits die Konzerte neuer Musik von Stockhausen und Cage in Köln erlebt, Paik das Klavier zertrümmern sehen und zusammen mit Wolf Vostell Experimente angestellt, Sprache in den Raum auszuweiten. Es sind diese Eindrücke aus seiner Heimatstadt, die Jürgen Becker für „Felder“, seinem ersten Prosabuch, das vier Jahre später erscheint, eine ungewöhnlich offene Form wählen lassen.
Im fernen Hamburg setzt sich Becker als Lektor bei Rowohlt 1964 noch einmal mit den Einflüssen und Entwicklungen seiner rheinischen Zeitgenossen auseinander und zieht mit der Dokumentation „Happenings, Fluxus, Pop Art, Nouveau Réalisme“ eine erste Bilanz der Zeit. Doch zu Vostell und der Fluxus-Bewegung wird seine Distanz in der Folge immer größer.
Während eines Stipendiums 1965/66 in Rom entsteht der zweite, erneut experimentelle Gedichtband „Ränder“, für den er den Preis der Gruppe 47 erhält. Zurück in Köln verleiht ihm im darauf folgenden Jahr die Stadt den Literaturpreis. Seine Rede anlässlich der Verleihung fällt jedoch kritisch aus: Wenige Wochen zuvor hatte in Köln die Polizei die Veranstaltung des Studios für unabhängigen Film „X Screen“ mit deren Vorführung von Filmen Otto Mühls gestürmt.
Das neue Hörspiel als eigene Kunstform bietet dem Autor ab 1968 die Möglichkeit für Experimente mit Text und Ton. In einer späteren „Zeit ohne Worte“ fotografiert Jürgen Becker für eine Weile das Leben um ihn herum, sein Sohn, der Fotokünstler Boris Becker, hat die Aufnahmen kürzlich zu einem Buch zusammen gefasst.

Dieses Gespräch wurde am 5.6.2018 geführt.



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